Digital und doch sozial – Wie die Gestaltung von Gruppenarbeiten im virtuellen Raum gelingt
Die Herstellung eines Gruppengefühls bei der Zusammenarbeit im virtuellen Raum ist häufig aufwändiger als in einem Seminarraum an der Hochschule. Auch in gleichzeitig stattfindenden Online-Sitzungen fällt es schwer, Gruppenkonstellationen wahrzunehmen und sich selbstbestimmt zwischen Gruppen zu bewegen. Eine Alternative zu verbreiteten Breakout-Räumen bieten Tools wie Gather, Wonder.Me, Spatial.Chat oder Hyhyve. Im Tandem-Fellowship von Volker Göhler von der TU Bergakademie Freiberg und Dr.-Ing. Stefanie Walter von der Hochschule Mittweida sollen neue Formen der hochschulübergreifenden Zusammenarbeit mit dem Tool Gather erprobt und Gelingensbedingungen abgeleitet werden. Im Interview berichten unsere Fellows von ihren Vorbereitungen und Erfahrungen.
Welche Art von virtuellen Gruppenarbeiten haben Sie bisher durchgeführt?
Herr Göhler: Bereits vor der Corona-Pandemie habe ich viele Tools für die digitale Lehre erprobt und gerade zu der Zeit, als abzusehen war, dass Präsenzlehre nicht möglich sein wird, meine Kenntnisse vertieft. Um die Lehrveranstaltungen aufzulockern, waren insbesondere die Breakout-Rooms bei BigBlueButton ein oft gewähltes Instrument für Gruppenarbeiten.
Dr.-Ing. Walter: Ja, die Breakout-Rooms bei BigBlueButton und Zoom haben wir wohl alle genutzt. Dazu kam, je nach Aufgabenstellung, die Arbeit mit Diensten wie Slack, Discord, Miro oder Padlet. Aber bisher hat kein Tool alle Anforderungen wirklich erfüllen können. Leider.
Herr Göhler: Ja, das stimmt. So entstand auch unsere Idee für ein Tandem-Fellowship.
Wo sehen Sie die Herausforderungen für die Durchführung virtueller Gruppenarbeiten?
Dr.-Ing. Walter: Da gibt es einige. Wie bereits aufgeführt, bietet unserer Erfahrung nach keines der unzähligen Tools bisher alle Funktionen, die wir für notwendig halten. Zudem habe ich manchmal Lehrveranstaltungen, die den ganzen Tag dauern. Wenn sie digital durchgeführt werden, fehlt es den Studierenden – mir aber natürlich auch – oft an dem Gefühl, sich frei „bewegen“ zu können. Einfach selbstbestimmt zu sein. Bei den Breakout-Rooms teile ich die Studierenden zum Beispiel ein, Raumwechsel sind für die Studierenden nicht so einfach möglich…
Herr Göhler: …damit werden zwischen den Räumen auch Barrieren aufgebaut. Und freie, eben selbstbestimmte Interaktionen sind nicht oder wenn überhaupt nur bedingt möglich. Und Spaß muss die Lehre und gerade das Lernen auch machen. Dieser spielerische Charakter ist mit Tools wie BigBlueButton, Zoom oder Slack praktisch nicht umsetzbar.
Was verändert sich an der Art der Zusammenarbeit in Gruppen durch die Nutzung des Tools Gather?
Herr Göhler: Für mich fängt es schon damit an, dass ich die Räume, wenn auch mit einigem Aufwand, persönlich für die Studierenden gestalten kann – genau so, wie es für mein Lehr-Lern-Szenario am sinnvollsten ist. Durch diese Freiheit und die dafür entwickelte Optik ist es für alle Beteiligten spannender. Die Studierenden wollen die Räume erkunden, die Funktionen entdecken und können sich frei bewegen. Ebenso lockern kleine, interaktive Elemente und spielerische Interaktionen die gesamte Lernumgebung auf und sorgen für eine angenehme Atmosphäre.
Welche Rückmeldungen haben Sie bisher zur Umsetzung der Gruppenarbeiten von den Studierenden erhalten?
Welche Rückmeldungen haben Sie bisher zur Umsetzung der Gruppenarbeiten von den Studierenden erhalten?
Dr.-Ing. Walter: Ich kannte Gather durch diverse Konferenzen, aber meine Studierenden hatten damit bisher keine Berührungspunkte. Folglich war schon die Vorfreude bei den Studierenden sehr groß, als ich Ihnen von der Idee und der Software selbst erzählte. Nicht alle, aber viele Studierende, insbesondere jene, die bereits ein oder mehrere Semester nur digitale Lehrveranstaltungen hatten, stehen neuen Tools sehr offen gegenüber. Die Vorfreude einer meiner Seminargruppen hat mich sehr motiviert. Ich habe ein Modul im ersten und eines im fünften Semester. Wie beide Gruppen dies bewerten, werden die Evaluationsergebnisse zeigen. Die insgesamt vier Module, welche Volker und ich lehren, werden alle mindestens zwei Mal evaluiert.
Herr Göhler: Die Ergebnisse werden wir natürlich allen Interessierten zur Verfügung stellen.
Können Sie bereits erste Gelingensbedingungen für die Arbeit mit Gather formulieren?
Herr Göhler: Dafür ist es leider noch zu früh.
Dr.-Ing. Walter: Wir wollen keine Vermutungen anstellen, sondern unsere Aussagen zu positiv beeinflussenden Faktoren auf die Ergebnisse der formativen und summativen Evaluationen der Studierenden stützen.
Herr Göhler: Zudem werden wir auch zusammentragen, was für die Lehrenden entscheidend sein kann. Wir evaluieren also die Erfahrungen der Studierenden, aber auch unsere eigenen. Gerade die diversen involvierten Studiengänge unterschiedlichster Ausprägungen und ihre individuellen Fähigkeiten werden sicherlich für interessante Resultate sorgen. Es bleibt folglich einiges zu tun, aber wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!